Sechs Schlüsselfragen für Kleinunternehmer

Wenige Schlüsselfragen, sorgfältig und wahrheitsgemäß beantwortet, zeigen dem Kleinunternehmer, ob sein Unternehmen eine Zukunft hat. Nur wenige Zahlen decken auf, welche Entwicklungen gefährlich sein können, wo Maßnahmen zu ergreifen sind und wo Bestehendes verstärkt werden kann. Man muss kein Betriebswirtschafter sein, um ein Unternehmen erfolgreich führen zu können. Die Antworten auf die Fragen aber sollte man kennen.

 

Als Kleinunternehmen bezeichnen wir hier Firmen, die vorwiegend vom Eigentümer geführt werden (Management und Kapital in Personalunion), die sich keine voll wertige Finanzabteilung mit Finanzchef und dergleichen leisten können (und auch nicht sollen!) und den Jahresabschluss vom externen Steuerberatern erstellen lassen. Erfahrungsgemäß gehören sämtliche Firmen mit bis zu 25 Mitarbeitenden(inkl. sämtliche Handwerker, auch alle Einmannbetriebe) in diese Kategorie, doch können es auch größere Firmen sein, die diesen Kriterien entsprechen.

Einleitung

Ein Unternehmer ist nicht zwangsläufig ein «geborener» oder dazu ausgebildeter Manager; das muss er auch keinesfalls sein. Es besteht für ihn kein Grund, sich deswegen benachteiligt oder minderwertig zu fühlen, verfügt er doch über andere Eigenschaften, die ihn befähigen, sein Unternehmen erfolgreich zu führen, Eigenschaften,

die manchem professionellen Manager mangeln.

 

Natürlich möchte man sich perfektionieren, und es gibt viele Wege, die versprechen, den perfekten Unternehmer ausbilden zu können. Das Wissen und die Möglichkeiten

sind praktisch grenzenlos, aber die zeitlichen Ressourcen sind begrenzt. Da fragt sich mancher: Was brauche ich wirklich? Wo fange ich an?

 

Die Antwort darauf ist einfacher, als einem dies auf den ersten Blick vorkommt, und für sämtliche Branchen die gleiche. Entscheidend ist die Tatsache, dass es dafür keiner spezifischen betriebswirtschaftlichen Ausbildung bedarf. Es ist lediglich notwendig, sich eine gewisse Systematik anzueignen und punktuell im Laufe der Zeit jene Themen zu vertiefen, bei denen man ein gewisses Defizit verspürt. Die Erwartung, durch die Anschaffung einer Software die chronischen betrieblichen Probleme zu lösen, ist ebenfalls kritisch zu hinterfragen. Erstens gibt es eine solche ideale Software nicht, und zweitens ist zu bedenken, dass durch die Software neue Probleme entstehen, die man vorher nicht hatte; von den Kosten der Anschaffung und der Bedienung abgesehen.

Hier einige Hinweise, wie der Unternehmer allfällige Defizite am sinnvollsten kompensiert.

Die wichtigste Frage: Wo stehen wir?

Ein Unternehmer soll monatlich wissen, wie der Geschäftsgang seiner Firma verläuft. Antworten wie «ich bin zufrieden» oder «es könnte besser sein» reichen nicht, sie geben weder Auskunft über mögliche Ursachen noch über geeignete Maßnahmen. Die Vorstellung, dass ein monatlicher Zwischenabschluss der Finanzbuchhaltung nötig sei, oder sogar die Einführung einer Betriebsbuchhaltung, um diese Frage zufriedenstellend zu beantworten, ist ebenfalls untauglich.

 

Die Frage, die sich damit dem Unternehmer stellt, ist:

  • Welche Informationen benötige ich als Unternehmer, die mir monatlich einfach, zuverlässig und kostengünstig ein Bild über den Stand der Geschäfte vermitteln, und mir die Möglichkeit bieten, mit meinem eigenen Wissen die richtigen Schlüsse zu ziehen und erforderliche Maßnahmen einzuleiten? Angaben über Kontostand und Umsatz reichen sicherlich nicht.

Folgendes ist dabei zu beachten:

  • Ich muss die Informationen, die ich bekomme, nachvollziehen und ihre Richtigkeit einschätzen können.
  • Die Informationen müssen mir ermöglichen, die aktuellen Entwicklungen zu erkennen, Konsequenzen zu sehen und mich dazu bewegen, entsprechend zu handeln.
  • Eine Methode, die sich in bedeutend größeren Unternehmen als meinem bewährt hat, ist mit großer Wahrscheinlichkeit die falsche für mich.
  • Setzt die Methode eine zu jeder Zeit aktuelle Buchführung, ein monatliches Inventar (oder eine Software, die eine permanente wertmäßige Lagerbewertung ermöglicht), monatliche Abgrenzungen und andere dem kleinem Unternehmen unzumutbare Auflagen voraus, so ist sie für mich unbrauchbar.
  • Wenn die Informationen von einer Art sind, die meine Möglichkeiten, sie in einem Gesamtzusammenhang zu verstehen, überfordern, liegt es nicht an meiner Ausbildung und meiner Qualifikation, sondern an der Methode.

Methoden, die sich auf den Deckungsbeitrag stützen, erfüllen alle diese Voraussetzungen.

Sie sind auch deshalb sehr praktisch, weil sie an den gesunden Menschenverstand appellieren.

Die zweite Frage: Kenne ich die Preisuntergrenze meiner Leistungen?

a) Verstehe ich, was sie bedeutet?

b) Wie gehe ich mit ihr um?

 

Jeder Unternehmer erlebt heute den Preiskampf. Die Frage lautet: Wie weit darf ich mit dem Preis herunter? Wo ist die Schwelle, unter der ich auf den Auftrag verzichten sollte?

 

Die klassische Kalkulation regelt, dass die Kosten den Preis bestimmen. Sie basiert auf der «Vollkostenrechnung», realisiert durch die Zuschlagskalkulation. Diese Methode stammt noch aus der Zeit der industriellen Revolution und hat sich seit damals im Grundsatz kaum geändert.

 

Heute bestimmen nicht mehr die Kosten den Preis, sondern der Markt bestimmt den Preis.

Dies macht die Ermittlung der Kosten nicht überflüssig, doch die Fragestellung ändert sich:

  • Wenn der Markt den Preis bestimmt, ist die Frage: Unter welchen Bedingungen können wir bei einem gegebenen Marktpreis mitmachen? Können wir es überhaupt? Was muss geändert werden, um zum gegebenen Preis mitbieten zu können?

Diese und ähnliche Fragen werden durch die Methodik der Deckungsbeitragsrechnung beantwortet. Das macht die Kalkulation nicht komplizierter, erfordert jedoch ein Umdenken, das durch tägliche Anwendung zur Selbstverständlichkeit wird.

Die dritte Frage: Kennen wir unseren richtigen Stundensatz?

Die vom Berufsverband empfohlenen Stundensätze können auf den einzelnen Betrieb nie genau zutreffen. Es sind Richtwerte; Empfehlungen. Verwenden wir unkritisch einen solchen Stundensatz, laufen wir Gefahr, dass wir unwissentlich mit Verlust arbeiten oder dass wir Aufträge aus Preisgründen verlieren. Der Stundensatz ist das Ergebnis unserer Produktionsausrüstung, unserer Produktivität und unserer Verwaltungskosten.

Wenn wir diese Faktoren unseres Betriebes nicht in die Berechnung unserer Stundensätze einfließen lassen, verlieren wir eine entscheidende Komponente unserer Wettbewerbsfähigkeit.

 

Sollte man Ihnen sagen, dass Sie die Stundensätze keinesfalls ohne Einführung einer

Betriebsbuchhaltung ermitteln können, hören Sie nicht hin. Eine Betriebsbuchhaltung ist eine aufwendige Angelegenheit, die ein Kleinunternehmen ruinieren kann; das Kosten-Nutzen-Verhältnis geht in diesem Fall nicht auf.

Die vierte Frage: Ist die Produktivität meines Unternehmens wettbewerbsfähig und zukunftssichernd?

Das Kriterium der Produktivität ist in Produktions- und Dienstleistungsbetrieben matchentscheidend, da die Produktionskosten einen beträchtlichen Anteil der Gesamtkosten einer Leistung ausmachen. Sie wirken sich direkt auf die Wettbewerbsfähigkeit aus. Fragt man nach der Produktivität, so bekommt man selten eine

sachlich kompetente Antwort, sondern rein gefühlsmäßige Einschätzungen.

 

Das Kennen der Produktivität des eigenen Betriebes hat den weiteren Vorteil, dass uns damit die Möglichkeit gegeben wird, den Personalbedarf für einen geplanten Umsatz zu berechnen. So wissen wir, ob unser gegenwärtiger Personalbestand für den geplanten Umsatz ausreicht.

 

Damit verbunden ist die grundsätzliche Frage: Was ist unser optimaler Personalbestand?

Hätten wir einen höheren Gewinn, wenn wir mehr Leute einstellen würden, oder müssten wir eher den Personalbestand reduzieren? Solche Entscheidungen dürfen nicht aus dem Bauch heraus gefällt werden; der Unternehmer braucht Informationen, die ihm die Konsequenzen aufzeigen.

Die fünfte Frage: Wo liegt der Kostendeckungspunkt meiner Firma?

Der Kostendeckungspunkt ist der Umsatz, der erreicht werden muss, um sämtliche Kosten des Betriebes abzudecken und die betriebswirtschaftlich erforderlichen Abschreibungen zu ermöglichen. Jeder Unternehmer sollte diesen Umsatz eigenhändig berechnen können, damit er die Dynamik des Übergangs von der Verlust- in die Gewinnzone lebt, mit Kreativität, mit Entschlossenheit, mit Ausdauer.

 

Der Kostendeckungspunkt kann für einen einzelnen Auftrag, eine Abteilung, eine Produktengruppe oder eine Periode (Monat, Quartal, Jahr) ermittelt werden. Es ist eine einfache, vom Unternehmer selbst zu ermittelnde Kennzahl, die ihm die Möglichkeit gibt, jederzeit einen Soll-Ist-Vergleich vorzunehmen.

Die sechste Frage: Welchen Wert hat mein Unternehmen?

Das Kennen des Wertes der Firma ist ein wichtiger unternehmerischer Motivationsfaktor, denn wir möchten letztendlich wissen, wofür wir die langen Arbeitswochen und manche Entbehrungen auf uns und unsere Familie nehmen.

 

Natürlich braucht es für die Ermittlung des genauen Marktwertes des Unternehmens einen Spezialisten. Denkt man an den Verkauf des Unternehmens, so ist ein Fachmann beizuziehen. Doch für den Eigenbedarf kann man eine gewisse Ungenauigkeit der Bewertung in Kauf nehmen. Eine solche Schätzung kann jeder Unternehmer

in drei Minuten vollziehen, wenn er weiß, worauf es ankommt. Stellen Sie die Frage!

Zusammenfassung

Alle Fragen, die wir oben angestoßen haben, sind durch angewandte Formen der Deckungsbeitragsrechnung einfach, effizient und kostengünstig beantwortet. Sie sind, ganz besonders für kleine, überschaubare Firmen, das unternehmerische Handbuch des Geschäftsführers, der es sich nicht leisten will, ohne einen sicheren

finanziellen Kompass zu navigieren.

Machen Sie den Controlling Check und verschaffen Sie sich einen Überblick, auf was es insbesondere in Kleinunternehmen ankommt.


Quellenangabe: Gary Friedman, Gründer der BasicLeadership Akademie